Costa Vicentina an der Algarve

SKR Reisemagazin: Algarve

21.10.2020

Reisebericht: Algarve – Wandern & Kultur

von unserem SKR-Gast Prof. Dr. Wolfgang Hachtel


Algarve Lagos Praia do Camilo Klippen am Strand, Portugal

Wolfgangs Reisebricht ist so umfangreich, so detailliert und erzählt von so vielen Menschen, die er getroffen hat, dass wir das Gefühl haben, selbst dabei gewesen zu sein. Besonders schön ist seine Begegnung mit dem Fischer Jorge und seinem Neffen Mario von der er uns erzählt. Lesen Sie gleich rein! Wolfgang war übrigens mit SKR Reisen auf der -> 8-tägigen Reise „Algarve Wandern“ (Zur Reise).

Hotel Algarve

Ankunft in Praia da Luz            

Vom Flughafen bei Faro geht’s auf der Autostrada (A22) nach Westen. Die Straße quert, getragen von lang gestreckten Brückenbauwerken, die Täler mehrerer Flüsschen, die aus nördlicher Richtung kommen und dem Meer zustreben: Aber jetzt, im Sommer, fließt nur sehr wenig Wasser, denn im Sommer ist die Algarve ein trockenes Land. Der Rio Arade scheint eine Ausnahme zu machen. Aber sein Wasser stammt zum kleineren Teil aus den paar Wasserläufen, die von der Serra de Monchique und der Serra da Carapinha herunterkommen und zusammenfließen. Zu einem weit größeren Teil stammt es aus dem Meer, das vor Portimão aufläuft und abebbt, und man kann dieses Mündungsgebiet kaum noch als Fluss bezeichnen. Bis hinauf nach Silves reicht der Einfluss der Gezeiten.

Portugiesen und ihre Sprache

In unserem Hotel Luz Bay Club in Praia da Luz werden wir freundlich lächelnd mit gutem Englisch empfangen. Außer Englisch und Deutsch hört man Holländisch, Französisch, Spanisch. Alle freuen sich, in ihrer Sprache begrüßt zu werden, Speisekarten und Hinweise in ihrer Sprache zu finden, und wenigstens die Kenntnis dieser fünf Sprachen ist unter den Portugiesen weit verbreitet.

Bei all diesen Bemühungen fragt sich wiederum der Portugiese, wie es ihm selbst im Ausland erginge. Ja, auch Portugiesen reisen neuerlich ins Ausland, die Abschottung während der Diktatur besteht nicht mehr, wir haben die Europäische Union, in der wir alle zusammengehören. Auch der Portugiese fände es gewiss angenehm, an den diversen Orten im Ausland seine portugiesische Sprache in Restaurants und Hotels, auf Bahn- und Flughäfen anzutreffen, sie aus dem Mund von Stewardessen und Polizisten zu hören, von der Kellnerin, die ihm das Frühstück bringt. Aber das wären Wunschvorstellungen, an denen nur die glühende Sonne schuld sein könnte. Portugiesisch wird da draußen nicht gesprochen, würde man ihm sagen, portugiesisch ist eine Sprache von wenigen Menschen mit wenig Geld. Wenn aber die Ausländer nach Portugal kommen, möchte man ihnen die Freude machen.

Fußball verbindet uns auch im Luz Bay Club in Portugal

Besonders erwähnen möchte ich unseren älteren Kellner im Hotelrestaurant, der sein gutes Deutsch in der Schweiz erlernt hat. Er ist ein fleißiger Mann, der uns schon zum Frühstück empfängt, den man tagsüber an der Poolbar oder beim Mittagstisch treffen kann, dann wieder beim Dinner am Abend, ein Mann, der weiß, was er seinem Beruf schuldet.

Seine Kollegen und er verstehen auch etwas vom Fußball, besonders vom deutschen, das ist nötig, denn in Brasilien findet gerade die WM statt, und gleich zu Anfang spielt Portugal gegen Deutschland. Mustafi wird eingewechselt, und einer der Kellner fragt: „Wie viele Deutsche spielen denn jetzt noch in der deutschen Nationalmannschaft?“ Gute Frage, nicht?

Der Luz Bay Club wurde bereits in den 1970er Jahren gegründet, von Engländern. Sie haben schon frühzeitig die weite, geschützte Sandbucht entdeckt. Engländer stellen auch im Jahr 2014 die größte Touristengruppe.
Bekannter wurde der Ort, nachdem hier im Frühjahr 2007 die kleine Madeleine McCann unter ungeklärten Umständen aus dem ortsansässigen Ocean Club verschwunden war. Während unseres Aufenthalts wurde einmal wieder unter großem Presserummel eine neue Suchaktion gestartet.

Der Strand von Praia da Luz

Der Strand von Praia da Luz ist sehr sauber, das Wasser klar und nicht mehr zu kalt für ein kurzes Bad, der Wellengang mal stärker, mal schwächer, der Sand hell und feinkörnig. Jetzt, im Juni, ist er nur an den Wochenenden stark besucht. Das wird sich ändern, wenn ab Juli überall die Ferien beginnen und alle die Ferienhäuser und Appartementanlagen, die in den letzten Jahren gebaut wurden und den Ort – wie manch anderen an der Algarveküste – fast ins Uferlose haben wachsen lassen, belegt sein werden.

Beeindruckend sind die Felsformationen am Ostende des Strands, die sich bis zum benachbarten Porto de Mós hinziehen. Die Ebbe legt grünen Algenbewuchs auf den felsigen Klippen frei; wenn sie gut ist, tauchen auch Rotalgen auf. Die Felsen, die bis zu 60 Meter hoch aufragen, sind aus blaugrauem Mergel, einem lockeren kalkreichen Tongemisch, aufgebaut und durchzogen von härteren Kalkstein-lagen. Am Fuß legen herabgestürzte Steinblöcke; die Kalksandsteinschichten neigen im Kantenbereich zu einem quaderförmigen Abbruch. Die Formationen stammen aus der Kreidezeit, sie sind 60 bis 130 Millionen Jahre alt.

Unsere erste (Strand-) Wanderung

Wenn wir uns auf der Strandpromenade von Luz nach Westen wenden, passieren wir die Grundmauern einer römischen Badeanlage aus dem 5. - 3. Jh. v. Chr. und gelangen dann zum Platz vor der Kirche Senhora da Luz, wo früher zwei Bäume gestanden haben; die leider verschwunden sind.

Für die Klippenwanderung von Luz nach Burgau gehen wir links an der Kirche vorbei Richtung Westen in die Rua Calheta. Von einem kleinen, etwas steilen Aufstieg abgesehen ist die Wanderung einfach. Wir laufen auf gut sichtbaren, meist auch breiten Pfaden und benötigen etwa eineinhalb Stunden.

 

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Storchennest,  Algarve

Silves – Hauptstadt der Mauren und der Störche

Wir erreichen Silves (arabisch Xelb), die alte Hauptstadt der Mauren, mit dem Kastell und der gotischen Kathedrale oben auf dem Hügel, an dessen Hang die Stadt hinaufgebaut ist. Von unserem Bus werden wir unten an der Uferstraße abgesetzt, bei der alten Brücke über den Arade, die Ponte Romano heißt, aber im Mittelalter errichtet wurde. Nur ein paar Schritte sind es von hier zur Markthalle, wo neben Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch auch Mandelgebäck angeboten wird.

Burg und Kathedrale von Silves

Wir laufen durch die Sträßchen den Hügel hinauf und kommen zur Burg und zur Kathedrale. Die Burg haben die maurischen Herrscher vom 9. bis zum 12. Jahrhundert bauen lassen. Sie ist eine Ruine, aber sehr schön. Der rote Sandstein vermittelt den Eindruck, als sei sie frisch erbaut, wie aus noch feuchter, gerade erst geformter Tonerde. Noch schöner müssen diese Steine sein, wenn der Regen sie benetzt. Wir bewundern die riesige Zisterne in der Mitte des Burgplatzes, mit ihrer auf vier Säulen ruhenden Kuppel gebaut wie eine Moschee. Später wurden Burg und Stadt von christlichen Heeren zurück erobert. Einer der christlichen Eroberer war Sanchos I. Seine Statue steht vor der Burg, überlebensgroß, barhäuptig, mit breiter Brust, im Kettenhemd, das gezogene Schwert in der Rechten, mit der Linken hält er eine Bulle, Symbol für die vermeintliche Überlegenheit der Christenheit über die Araber.

An der Stelle der früheren Moschee wurde die Kathedrale erbaut. Den Bau hat das verheerende Erdbeben von 1755 fast vollständig vernichtet. Danach erfolgte der Wiederaufbau im gotischen Stil, aber durch spätere Einbauten wurde der Bau teilweise verhunzt. Doch wichtiger als die Architektur ist hier wieder der rote Sandstein in seinen zahllosen Schattierungen von fast Gelb mit rötlichem Schimmer bis hin zur Farbe von tief dunkler Terrakotta. Das Auge sieht nicht so sehr Säulen oder Kapitelle, Spitzbogenrippen oder schlichte Stützen, es sieht vor allem die Farbtöne.

Bevor wir uns aufmachen zu einer kleinen Wanderung, möchten wir noch erwähnen, dass Silves die Hauptstadt der Störche zu sein scheint. Zwei Dutzend Horste wenigstens zählen wir, die meisten mit bald erwachsenen Jungvögeln. Im Schwemmland des Arade, das sich bis zur Mündung vor Portimão erstreckt, finden die Tiere reichlich Nahrung.

Unsere Wanderung rund um Silves

Daniela führt uns an einem Bewässerungskanal (Levada) entlang, dann vorbei an einer alten Windmühle, wir laufen durch einen Eukalyptuswald. Wir sprechen über die verheerenden Auswirkungen von Eukalyptusplantagen auf die Böden und das Kleinklima, auf Fauna und Flora. Hier wie überall in der Algarve gibt es große, geschlossene Bestände der Lack-Zistrose, ein drüsig-klebriger Strauch, dessen Blätter oberseits stark glänzend sind; die Blütezeit ist jedoch vorbei. Diese Zistrose ist nur auf der Iberischen Halbinsel, in Frankreich und Nordwestafrika verbreitet.

Wir umrunden Silves im Hinterland und erreichen schließlich wieder den Arade und den Clubo Nautico do Arade, wo für uns Oktopussalat und Bacalhau a Gomes de Sá (Stockfisch mit gekochten Kartoffeln und Zwiebeln) auf der Terrasse serviert werden, während wir den Ausflugsbooten auf dem Arade nachschauen.

Der Stausee Barragem do Arrade

In seinem Oberlauf ist der Arade aufgestaut. Den Stausee Barragem do Arrade erreicht man von Silves aus auf guten Straßen längs des Flüsschens. Er ist ein wichtiges Wasserreservoir in der Algarve. Mit seinem Wasser werden mehr als 2.300 Hektar Zitrusplantagen bewässert. Ferner wird elektrischer Strom erzeugt.

Seitdem die Spanier mit ertragsstarken Neuanpflanzungen die Preise für Zitrusfrüchte ins Bodenlose haben fallen lassen, geht hier die Existenzangst um. In einer spektakulären Aktion machte sich im August 2000 der Unmut der portugiesischen Erzeuger Luft. Fünf Tonnen Zitrusfrüchte wurden in einem Baggerloch vergraben, symbolisch trugen sie den Zitrusanbau zu Grabe. Die Misere besteht fort. Das ist der Grund, warum viel Obst in den Anlagen verfault; der Anbau lohnt sich nicht mehr.

Portugal und seine Mandelbäume

Seit alters her bestehen hier auch Mandelkulturen. Im Frühling müsse man von der Küste nach Silves hinüberfahren, sagen uns Daniela und Olaf, zur Zeit der Mandelblüte. Dann erzählen sie die Geschichte von dem Maurenkönig, der mit einer Prinzessin aus dem Norden verheiratet war. Selbige hatte schreckliches Heimweh nach dem Schnee in ihrer Heimat, sie verzehrte sich vor Sehnsucht, was dem König großen Kummer bereitete, denn er liebte sie sehr. Nun weiß man, wie der kluge Monarch das Problem löste: Er ließ Tausende und Abertausende von Mandelbäumen pflanzen, und als sie eines Tages alle blühten, gab er Anordnung, sämtliche Fenster des Palastes zu öffnen, in dem die Prinzessin langsam dahinsiechte. Als die arme Prinzessin die Felder voller weißer Blüten sah, redete sie sich ein, es sei Schnee, und wurde gesund.

Nun mag man sich die folgende Frage stellen: Wenn die auszehrende Krankheit, an der die Prinzessin litt, so schwer war, wie hat sie sich dann so lange am Leben halten können, bis Millionen von Mandelbäumen heranwuchsen und blühten? Die Geschichte stimmt also nicht. Und hier erzähle ich nun die Wahrheit:

Der Königspalast stand in einer Stadt oder einem größeren Ort, und ringsum gab es Häuser und Mauern, einfach alles, was zu einer Stadt gehört, und alles in den Farben gestrichen, die den Besitzern gefielen, blau oder rosa, grün, vielleicht ockerfarben. Weiß gab es nur wenig. Da ließ der König, als ihm seine Prinzessin dahinsiechte, einen Erlass veröffentlichen, der besagte, dass sämtliche Häuser weiß zu streichen seien, und zwar von allen gelichzeitig und über Nacht. So geschah es. Als die Prinzessin am Morgen ans Fenster trat, sah sie, dass die ganze Stadt weiß war. Nun konnte sie gesund werden. Doch das ist noch nicht alles.

Im Alentejo gibt es keine Mandelbäume, aber die Häuser sind auch weiß. Warum? Ganz einfach. Der Maurenkönig herrschte auch dort, und der Erlass galt für alle. Wenn auch Sie, verehrte Leserschaft, diese Argumentation für schlüssig halten, dann können wir die Sage von den Mandelbäumen ins Reich der Romantik verweisen – es sei nicht verschwiegen, dass der Urheber dieser Überlegungen José Saramago ist, er hat sie in seinem Buch Viagem a Portugal (Die portugiesische Reise) aufgeschrieben.

Traditionelle Eingangstür, Algarve

Grüne Wasser in der sommertrockenen Algarve: Fonte de Benémola und Alte

Bei Querença im Hinterland der Algarve wandern wir durch das stille, grüne Tal zur Fonte de Benémola, am Bachufer entlang, von blühendem Oleander begleitet, bevor wir nach Alte weiterfahren. Im Tal von Benémola, erzählt Olaf, konnte man noch vor kurzem bei António handgefertigte Körbe aus Schilfrohr kaufen und dem Flechtkünstler bei der Arbeit zuschauen; er hat sich zur Ruhe gesetzt oder ist verstorben, niemand weiß es.

Wir spazieren durch Alte: kühle Quellen, weiß gekalkte Häuschen, enge Gassen, eine Dorfkirche, ein Restaurant, zwei, drei Souvenirläden, eine Dänin verkauft Korkwaren. Die seit 1950 anhaltende Landflucht hat von einstmals mehr als 7.000 Einwohnern in der Gemeinde gerade mal 2.000 übriggelassen. Im Wasser an der großen Quelle steht eine weiße Quellnymphe von Vitor P. Canco aus dem Jahr 2007, ein traditionelles Schöpfwerk ist wieder aufgebaut, Azulejos erinnern an den Heimatdichter Candido Guerreio (1871-1953), den berühmtesten Sohn des Ortes. Einer seiner Verse:

„Weil ich am Fuße der vier Berge geboren, wo die Wasser im Vorbeigehen singen, die Lieder der Mühlen und der Brücke, lehrten mich die Wasser das Sprechen.“

Mit der Pfarrkirche im Dorfzentrum haben wir kein Glück. Eine halbe Stunde früher wäre sie geöffnet gewesen. Aus den Öffnungszeiten wird kein Mensch schlau, sie richten sich nach Messe und Saison, aber auch nach manchen berechtigten Befürchtungen, denn zwischen Tausenden von flinkfüßigen Touristen, die alles erkunden wollen, gibt es auch einige mit noch flinkeren Fingern. Wenn so einer mit üblen Absichten jetzt hier ankäme, stünde er vor verschlossener Tür. Uns entgehen liebliche musizierenden Engel aus dem 18. Jahrhundert und andere Engel mit Körben voller Blumen auf dem Kopf. Die Kirche zeigt uns ihr Portal und ihre Frontansicht, ersteres schön, die zweite gewöhnlich.

Die Serra de Monchique

Es ist ein besonderer Tag in Portugal, der 13. Juni, auch in der Kleinstadt Monchique in der gleichnamigen Serra im Westen der Algarve. Schulkinder feiern den Gedenktag des Hl. Antonius von Padua, oft auch Antonius von Lissabon genannt, ein portugiesischer Franziskaner, geboren in Lissabon und gestorben bei Padua am, ja, eben an einem 13. Juni, am 13. Juni des Jahres 1231.

Dem Namenstag entsprechende Bauernregeln lauten:

  • Wenn Sankt Anton gut Wetter lacht, Sankt Peter (29. Juni) viel ins Wasser macht.
  • Regnet's am Antoniustag, wird's Wetter später wie es mag.

Hübsch anzusehen sind die bronzenen Statuen aus neuerer Zeit, die am zentralen Platz von Monchique aufgestellt sind. Eine Hauptfigur ist Dr. Humberto Messias, von hier gebürtig und angesehener Arzt in Lissabon. Er hatte nicht isoliert auf einem Podest stehen wollen, weshalb man ihn zusammen mit einer Frau und zwei Kindern in einer Figurengruppe aufgestellt hat.

Zu besichtigen sind Häuser an steilen Gassen, Lädchen, die manuelinischen Portale an der Kirche, auch das Innere würde ich gern sehen, komme aber nicht hinein, weil der Priester gerade eben den Ort verlassen hat und niemand weiß, wohin.

Wer mag, kann durch viel Wald zum Gipfel des Fóia (902 m) aufsteigen oder hinauffahren, dort befinden sich Sendeanlagen und ein Windpark, man hat eine weite Sicht. Monchique ist auch als Kurort bekannt wegen der Bäder Caldas de Monchique. Im Park rauschen die Quellbäche, in der Gaststätte essen wir frisch gebackenes Brot mit eingelegter Chouriço; das ist eine würzige, feste, mit roter Paprika und Knoblauch gewürzte Wurst vom Schwein.

In den Weilern des Monchique-Gebirges wird der Medronho gebrannt und verkauft, ein Obstschnaps, der aus der Frucht des Medronho-Baums (Erdbeerbaum) gewonnen wird. Medronho-Bäume wachsen wild auf den kargen Böden. Die Früchte werden von Bauern in mühsamer Handarbeit gesammelt und privat verarbeitet. Daher gibt es guten Medronho auch kaum in Supermärkten zu kaufen, sondern nur von ebendiesen wenigen Bauern direkt. Daniela kennt einen, und er zeigt uns seine Schnapsbrennerei. Für Melosa wird Medronho auf Zitronenschalen gegossen, danach mit in Wasser gelöstem Honig und Zitronensaft vermischt und eine Spur Zimt zugesetzt.

Strandabschnitt, Algarve

Lagos: Seefahrerstadt mit Sklavenmarkt

Der Ort, von einer Stadtmauer umgeben, liegt auf eng bebauten Hügeln am Ufer des Rebeira de Bensafrim, die hier in eine breite Meeresbucht mündet. Sehenswert ist das historischen Zentrum, die Kirche Igreja do Santo António, die Festung an der Einfahrt zum Hafen. Bereits Phönizier und Griechen siedelten an der Bucht von Lagos, um Thunfisch, Sardinen und Krebse zu fangen. Karthager führten den Wein- und Olivenanbau ein. Die Römer gaben der Siedlung den ersten bekannten Namen, Lacobriga. Verworrene Geschichte, die man gern einfach darstellen möchte:

Erst waren die Lusitanier da, die Ahnen der Portugiesen, vermutlich keltischen Ursprungs. Dann kamen die Römer, dann die Westgoten, die Araber. Da es jedoch ein Land namens Portugal geben musste, erschien der Graf Dom Henrique, dann sein Sohn Afonso und nach ihm weitere Afonsos, ein paar Sanchos und Jãos, Pedros und Manuéls, mit einer Pause, in der drei kastilische Felipes regierten, nachdem in der Schlacht von Alcácer Quibir der unglückselige Sebastião umgekommen war. Das wäre es dann schon fast.

Kurz nach ihrer Landung in Gibraltar (711 n. Chr.) breiteten sich die Mauren schnell an der Algarve aus und eroberten auch Lagos. Erst 1241 konnte die Stadt den Mauren endgültig wieder entrissen werden.

Lagos' Hafen war im 15. Jahrhundert Ausgangspunkt zahlreicher Afrikafahrten portugiesischer Schiffe, die Portugal unter Heinrich dem Seefahrer unternahm. Durch sie gelangten schwarze Sklaven aus Guinea und dem Senegal erstmals in der Neuzeit nach Europa. Lagos erhielt einen bedeutenden Sklavenmarkt, dessen Gebäude noch heute besteht. Er befand sich auf der Praça da República. Unter den Arkaden wurden die Schwarzafrikaner angebunden und zum Verkauf angeboten.

Wie die alten portugiesischen Seefahrer stechen auch wir in See, wenn auch nur für eine Stunde und auch nur zu einer Bootsfahrt längs der wild-romantischen Klippenküste zwischen Lagos und Ponte da Piedade.

Die Lagunenlandschaft Ria de Alvor

Die Ria de Alvor ist ein Naturschutzgebiet westlich des Badeortes Alvor. Große Dünen schützen die Lagune vor der zerstörerischen Kraft des Atlantiks, so dass ein Naturreservat insbesondere für Vögel entstehen konnte. Der Weg auf dem Deich ist wegen der viele Steine zunächst etwas beschwerlich. Dafür entschädigt der Blick nach links auf den Rio Alvor und nach rechts auf ein größeres Brackwasserfeuchtgebiet, in dem sich aber um diese Jahreszeit und bei hohem Wasserstand nur wenige Vögel aufhalten. Einige Stelzenläufer machen mit lauten Rufen auf sich aufmerksam, und ein einsamer Silberreiher schaut zu uns herüber. Am Weg stehen großen Büsche des Strandstrauchflieders in voller Blüte.

Hier endet die Welt - Finisterra do Sul: Cabo de São Vicente – Ponta de Sagres

Wir fahren zur Landspitze von Sagres, dann um die Bucht herum zum Cabo de São Vicente; schon von weither ist der Leuchtturm sichtbar. Gemeinsam mit der benachbarten Ponta de Sagres bildet das Kap die Südwestspitze des europäischen Festlands. Die Algarve endet dort in einer felsigen, bis zu 70 Meter hohen Steilküste mit karger, baumloser Vegetation.

Das Kap wird von Touristen aus der ganzen Algarve frequentiert. Neben dem Leuchtturm ist der Kiosk „Letzte Bratwurst vor Amerika“ ein beliebtes Fotomotiv.

Die kleine Halbinsel Ponta de Sagres ragt neben dem Ort weit ins Meer, auch dies ein Kalksteinplateau, das steil ins Meer abfällt. Die Wellen branden da unten gegen den Fels. Man hört nichts. Es ist wie ein Traum.

Die Halbinsel ist durch eine Fortaleza gegen das Festland gesichert. Der Legende nach soll hier die Seefahrerschule des Infante Henrique bestanden haben. Die Windrose Heinrichs aus dem 15. Jahrhundert ist rekonstruiert worden. Mit ihr konnte man den Kurs der Schiffe bestimmen. Wind und Meer waren günstig, wenn der Wind stürmisch von Land her blies. Dann durfte man die Schiffe auf Entdeckungsfahrt zu den Gewürzen aussenden.

Der Fischerhafen von Sagres Ein Fischer erzählt

Der Fischerhafen von Sagres heißt Porto de Baleeira, er liegt in der Nachbarbucht von Sagres. Hier kann man am Nachmittag den Kuttern zuschauen, die ihren Fang an Land bringen. Wenigstens 15 Boote zähle ich zwischen drei und fünf Uhr. Ein paar Touristen stehen herum, schauen sich neugierig um und machen Fotos. Seebrassen und Seebarsche zucken in den orangefarbenen Behältern. In einem anderen liegen Muränen, sie reißen ihre Mäuler auf, zeigen ihre spitzen Zähne, ringen nach Luft. Hummer, Taschenkrebse, Seespinnen greifen mit den Scheren ins Leere. Achtarmige Kraken mit verknoteten Armen äugen mich an. Die Fischer werfen Abfälle ins Wasser. Kreischend kommen die Möwen, angelockt durch den Fischgeruch, und holen sich alles von der Wasseroberfläche.

Die Fischversteigerung findet in der großen Halle, der Docapesca, statt. Ich schleiche mich in die Halle, um zu fotografieren. Nach dem ersten Blitz werden die Arbeiter auf mich aufmerksam und bedeuten mir freundlich aber unmissverständlich, dass ich hier nichts zu suchen habe.

Nun gehe ich über die Außentreppe der Docapesca in den ersten Stock, wo es im Café A Sereia große Glasfenster zur Versteigerungshalle im Erdgeschoss gibt. Man sieht, für wie viel Euro der Fisch hier den Besitzer wechselt. Jedes Boot bringt nach Art getrennt seinen Fisch auf das Laufband. Zuerst wird gewogen, und der Versteigerer, der in einem kleinen Kiosk am Computer sitzt, gibt Spezies und Boot ein. Sobald der Fisch vor der Händlertribüne an die Reihe kommt, werden auf einer Anzeigetafel Fischart, Boot, Gewicht der Wannen, Frischegrad, Größe und der Höchstpreis pro Kilo angezeigt. Dann wird abwärts gezählt, bis ein Händler auf seine Fernsteuerung drückt. Wer zuerst drückt, bekommt den Fang.

„Ordentlicher Fang?“ frage ich einen Fischer, der gerade sein kleines Boot am Kai vertäut hat. Ich versuche es mit Englisch, es klappt. „Jeden Tag weniger. Vor ein paar Tagen war es besser. Da hat der Seegang einen Schwarm Sardinen fast in mein Boot getrieben. Jorge heiße ich“, sagt der Fischer. Und: „Ja, das war ein guter Fang. Aber es war ein seltsamer Tag. Ein plötzliches Gewitter und heftiger Wind. Ungewöhnlich für Juni.“

Da kommt Mario angelaufen. „Ich will auch fischen gehen“, ruft er. „Dein Vater und ich nehmen dich zum Fischen mit, wenn du ein bisschen älter bist“, verspricht ihm sein Onkel. „Ich hab es dir schon mal gesagt: Wenn du lesen kannst, nehmen wir dich mit.“ „Ich habe heute in der Schule eine ganze Geschichte gelesen“, wendet Mario ein. „Vielleicht in den Sommerferien“, erwidert Onkel Jorge. „Das Meer liegt ihm im Blut.“ Jorge lächelt, als Mario auf der Mole hin und her hüpft.

„Aber seine Mutter ist dagegen, dass wir ihn mitnehmen. ‚Was soll er mal mit der Fischerei anfangen‘, sagt sie immer, ‚er muss lesen und schreiben lernen und einen Job finden, er soll nicht so arm sein wie wir‘, Aber Mario hat nicht viel mit Lesen und Schreiben im Sinn. Er will später auch nicht in einem Restaurant arbeiten, umgeben von vier Wänden und vierzig Tischen, ständig in Eile sein und Tabletts mit Essen und Trinken balancieren. Er will Fischer werden.“

„So schlecht geht es uns doch gar nicht“, sagt Marios Vater und wischt sich mit den Händen durch die Haare.

„Wir haben ein Haus, Elektrizität, Fernsehen, mehr als genug zu essen, Kleidung. Die Zeiten waren schon viel schwieriger. Stimmt doch, Jorge? Aber seine Mutter reitet immer wieder darauf herum, wie viel mehr ihre Schwester besitzt, die mit einem Oberkellner im Casino von Portimão verheiratet ist.“

Marios Vater geht in die Halle zur Fischauktion. „Komm jetzt, Marinho“, sagt der Onkel, „deine Mutter wird sich Sorgen machen.“

Die Westküste: Ein maurischer Walfängerausguck bei der Praia do Amado 

Von Vila do Bispo führt die Straße parallel zur Westküste der nordwärts. Von der Ortschaft Carrapateira führt ein Sträßchen oder ein Wanderweg, je nach Lust und Laune, zu den Klippen bei der Praia do Amado. Auf dem Plateau einer Klippe sieht man die ausgegrabenen Fundamente eines Walfischfangdorfs aus maurischer Zeit; von dort hielten die Bewohner im 12. und 13. Jahrhundert Ausschau nach Fischschwärmen und Walen, die mit Harpunen gejagt wurden.

Maurische Besatzer und deutsche Aussteiger: Aljezur

Schließlich erreiche ich die Kleinstadt Aljezur. Das alte Dorf über der Ribeira klammert sich ringförmig entlang der Befestigungsmauern an den Hügel. Das alte Rathaus beherbergt heute das Museo Municipal, davor sind Skulpturen des Infante Henrique aufgestellt; er ist das Motto des Jahres an der gesamten Algarve. Der neuere Teil, erbaut seit dem Erdbeben von 1755, liegt auf der anderen Seite des Flüsschens.

Eine maurischen Burgruine aus dem 10. bis 13. Jahrhundert überragt die Altstadt. Die Außenmauern sind 1,5 Meter dick, die Ecktürme 9 Meter hoch. In einer großen Zisterne wurde das Regenwasser gesammelt. Eine innere und eine äußere Mörtelschicht machten das Bauwerk wasserdicht.

Aljezur wurde den Mauren 1249 wieder entrissen. Am Ende des 15. Jahrhunderts hatte die Burg ihre militärische Funktion verloren und wurde aufgegeben. Am Fluss entstand ein Hafen, der aber im 16. und 17. Jahrhundert versandete. Die Handelskontakte reichten bis Tavira und Lissabon, Flandern und Kastilien. Dabei spielten Tuche eine wichtige Rolle, auch getrocknete Früchte, Honig, Olivenöl, Gewürze und Medizinalien. Der Ort ist bis heute ein wichtiges Zentrum für die dünn besiedelte Region. Seit 1980 zogen viele deutsche Aussteiger hierher; man trifft sie in den Straßen, beim Einkaufen und im Restaurant. Hier erzählt mir eine Deutsche:

„Die Einheimischen waren zu Anfang wenig erfreut über den Zuzug der Fremden. Auch für uns war es nicht immer leicht. Als ich an die Algarve kam, gab es die EU noch nicht. Ich konnte nur ein Touristenvisum bekommen, das immer nur drei Monate gültig war. Damals lebte ich in der Gegend von Lagos. Alle drei Monate fuhr ich mit dem Zug nach Vila Real St. Antonio, der Grenzstadt am Rio Guadiana, um mir einen Ausreise- und einen neuen Einreisestempel in meinem Pass zu holen. Ich setzte dann mit der Fähre über nach Ayamonte, machte einen kurzen Besuch in Spanien, trank einen Espresso und reiste dann wieder nach Portugal ein. Mit meinem frischen Einreisestempel fuhr ich erleichtert zurück. In der Lagos-Gegend wurde mir der Touristen-Trubel im Sommer bald zu viel. Hier im Westen ist es stiller, noch. Die Unruhe unter den Leuten hier in Aljezur hat sich inzwischen gelegt, und herausgekommen ist ein friedliches Nebeneinander von Einheimischen und Ausländern, die sich längst in den portugiesischen Kleinstadtalltag integriert haben. Seit drei Jahren lebt auch meine Tochter in Aljezur. Sie ist begeisterte Surferin, für sie ist das hier gerade das Richtige; die Strände von Arifana und Monte Clèrigo in der Nähe sind bei Surfern sehr beliebt, und sie kennt schon jetzt viel mehr Portugiesen als ich.“

Die Wiedergeburt eines Dorfes: Pedralva

Den Rückweg nehme ich über Aldeia da Pedralva (Aldeia‚ Dorf‘ oder ‚Ortschaft‘, von arabisch ad-Dai'hâ). Die Piste ist sandig und staubig, seit ich von der Küstenstraße N268 im Westen abgebogen bin. Pedralva liegt am Fuß der Serra do Espinhaço de Cão, auf deutsch: Rücken des Hundes; ihre Hügel erreichen eine Höhe von knapp 300 Metern. In der Serra gibt es Hänge voller Erdbeerbäumen, riesige Eukalyptusbäume und Täler mit kleinen Dörfern. Die Berge sind niedriger als die der Serras weiter im Osten, und auch die Bodenbeschaffenheit ist ganz anders. Hier ist es trocken und sandig, entsprechend ist die Vegetation.

Vom rustikalen Restaurant an der Rua de Baixo laufe ich den Hang hinauf, an kleinen Häusern vorbei, zur Kirche. Pedralva war mal ein Bauerndorf, heute ist es ein Feriendorf. Der portugiesische Manager nimmt sich Zeit für mich, nach Pedralva verirren sich (noch) nicht viele. Er erzählt:

„Als wir hier anfingen, war Pedralva nur noch eine Ansammlung alter, baufälliger Häuser. Aber die Lage des Dorfs, am Rand des Nationalparks der Serra, ruhig und doch in der Nähe von so vielen ausgezeichneten Stränden, erschien uns sehr attraktiv. Früher hatte das Dorf mehr als hundert Einwohner, zuletzt waren es noch sieben. Die leer stehenden Häuser wurden vernachlässigt und verfielen. Für die wenigen Menschen, die geblieben waren, wurde das Leben immer schwieriger. Vor mehr als vier Jahren machten wir uns an den Wiederaufbau. Der erste und schwerste Schritt von allen war, alle 220 Besitzer und Erben der Grundstücke ausfindig zu machen; sie lebten inzwischen in ganz Portugal, in Deutschland, England und Frankreich. Dann haben wir die Häuser so originaltreu wie möglich wiederhergestellt. Jetzt kann man in den ehemaligen Bauernhäuschen Urlaub machen. Wir wollen hier einen langsamen Tourismus, slow travel, und slow food, Zeit zum Entspannen statt Stress.“

Die Reise ist zu Ende, Muito obrigado, Doris, für die schönen gemeinsamen Tage in der ersten Woche. Ich bedanke mich auch bei unserer kleinen SKR Reisegruppe in wechselnder Zusammensetzung sowie bei Daniela und Olaf, die uns betreut und geführt haben.

Autor: SKR-Gast Prof. Dr. Wolfgang Hachtel


Auf nach Portugal und an die Algarve!

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